Bereits gehören die besinnlichen » Weihnachtstage der Vergangenheit an. Schon künden unüberhörbare Vorboten von lauten Nächten. Das Fasnachtsfieber bricht aus und allerortens wird geschunkelt und gelacht. Die Rätschen rasseln und die «Guggen» röhren. Spass, Tanz und Unterhaltung sind angesagt.

Doch dem war nicht immer so.

Machen wir deshalb einen kleinen Ausflug in das recht gut dokumentierte Jahrhundert, wo die » Reformation alles Lebendige, Bunte, ursprünglich Gewachsene in Bausch und Bogen verdammte.

Insbesondere das Tanzen.

Getanzt wurde wohl seit Urzeiten, denn die Bewegung ist zweifellos eine der wichtigsten Ausdrucksformen des Menschen.

Der Tanz nimmt denn auch in allen Kulturen eine zwar unterschiedliche, aber meist bedeutende Stellung ein. Er erfüllt verschiedene Funktionen und kann unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen:

  • Freude an der Bewegung
  • kultisch-religiöse Rituale
  • in Tanz gekleidete gesellschaftliche Verhaltensregeln

Im Gebiet der heutigen Schweiz existierte ein Nebeneinander von Tänzen unterschiedlicher Gattungen: Rituelle Tänze im Brauchtum, die an bestimmte Termine und Orte gebunden waren, standen neben geselligen, der Unterhaltung dienenden Tänzen.

Der Tanz als natürliche Ausdrucksform des Menschen hatte demnach bis zur Reformation auch seinen festen, selbstverständlichen Platz im gesellschaftlich-kulturellen Alltag.

Erst mit den in den Dreissigerjahren des 16. Jahrhunderts aufkommenden Tanzverboten wurde der Tanz zum sündig-heidnischen Akt gestempelt, den es mit Verboten und Bussen zu bekämpfen galt.

Der Tanz des einfachen Volkes wurde durch sogenannte » Sittenmandate reglementiert. Bloss am Neujahrstag, an der Fasnacht, an Markttagen und am Kirchweihfest war das Tanzen erlaubt.

Nach der Reformation wurde das Tanzen als Brauchtum in den katholischen Gebieten geduldet, während die reformierte Kirche sich dagegen aussprach.

Ein amüsantes Beispiel aus dem alten (reformierten) Bern gefällig?

«… 1675 hat Pfarrer Spengler in Dürrenroth „in Erfahrung gebracht, dass in dem Nüwhaus in der Müslen sei gekiltet oder gar getanzet worden“. Ein junger „Schülerknab“ war der Geiger. Sein Instrument musste offiziell durch den Sigristen zerschlagen werden …»

Das Volk jedoch zeigte sich unbeeindruckt von diesen Verboten. Es wurde getanzt, was die Tanzbretter hergaben und auch neue Modetänze bereicherten die herkömmlichen Tanzformen und fanden teils auch Einlass ins Volkstanzrepertoir:

• Walzer, Schottisch, Mazurka, Polka im 19. Jahrhundert.
• Tango und zahlreiche nord-, latein- und südamerikanische Tänze nach dem Ersten Weltkrieg.
• Swing, Rock’n’Roll, Madison und Twist nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu Disco und Techno, die den konventionellen Paartanz ablösten.

Möglicherweise wirken diese Sittenmandate noch immer unbewusst im (reformierten) eidgenössischen Kollektiv. Unsere lieben Nachbarn spötteln ja gerne über

[bctt tweet=“die grosse «Lebenslust» der Schweizerinnen und Schweizer!“ username=“hp_gautschin“]

 

 

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