In vergangenen Zeiten, als das Flüstern der Natur noch in der menschlichen Seele widerklang, herrschte ein König, der einen zauberhaften Garten sein Eigen nannte.

Dieser Garten war sein ganzer Stolz, bevölkert von stattlichen Palmen, prunkvollen Rebstöcken, wohlriechenden Rosen, aromatischen Kräutern und einem Meer aus bunten Wildblumen.

Bei seinen täglichen Spaziergängen machte der König Rast unter den schattenspendenden Mangobäumen, erfreute sich am betörenden Duft der Rosen, strich mit der Hand sanft über die Blüten der Veilchen, Margeriten und Mohnblumen.

Als er eines Tages das Gartentor durchschritt, erschrak er fürchterlich. Die Blumen liessen ihre Köpfe hängen, die Blätter der Bäume waren welk, die Weinreben hatten ihre Früchte zu Boden fallen lassen.

In Sorge wandte sich der König an jede Pflanze, erkundigte sich nach ihrem Leiden und erfuhr, dass der Mangobaum seine Blätter hängen liess, da er nicht so erhaben wie die Palme wachsen konnte. Die Palme wiederum war betrübt, weil sie nicht die süssen Früchte wie der Weinstock tragen konnte. Und der Weinstock fühlte sich minderwertig, weil er nicht den betörenden Duft der Rosen verbreiten konnte. Der Garten war in tiefer Melancholie versunken.

Inmitten dieser Szenerie entdeckte der König jedoch ein lebensfrohes Stiefmütterchen, das unbeeindruckt von der Traurigkeit um es herum seine farbenfrohen Blüten dem Licht entgegenstreckte.

«Wie kannst du so fröhlich blühen, während alles um dich herum verwelkt?», fragte der König erstaunt.

Das Stiefmütterchen antwortete ihm: «Mein König, ich dachte mir, du wünschst hier genau ein Stiefmütterchen zu sehen. Hättest du den Wunsch nach einer Palme, einem Mangobaum, einem Weinstock oder einer Rose gehabt, so hättest du jene an meiner Stelle gepflanzt. Deshalb tue ich mein Bestes und bin einfach ich selbst.»

Diese Worte berührten den König zutiefst. Er teilte die erhaltene Weisheit mit allen Bewohnern seines Gartens. Die Pflanzen begannen, ihre einzigartigen Gaben zu schätzen und zu verstehen, dass die wahre Schönheit ihres Gartens in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit lag. Der Garten erblühte erneut in aller nur erdenklichen Pracht.

– Autor/in unbekannt, Text von mir bearbeitet.

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