Manchmal ereilt mich das Ungemach, dass ich mich ungebührlich lange der Flimmerkiste aussetze. Eigentlich geschieht solches immer dann, wenn ich mich müde, ein bisschen ausgelaugt fühle und deshalb keine Lust verspüre, mich zu bewegen – geistig wie körperlich.

Also genau im Zustand der Passivität und deshalb dankbares Aufnahmegefäss für allerlei wirres Fernsehzeug bin. Mein entsprechendes Träumen danach und das mich daran Erinnern zeigen mir allemal deutlich, welche destruktive Macht solche schnellaufenden Bilder und Schnitte auf mein Nervenkostüm haben können.

Ich selbst bin ohne Fernsehgerät aufgewachsen. Meine Eltern lehnten eine solche Kiste rundwegs ab. Sie meinten, und dies wohl nicht zu unrecht, dass ein Fernseher den Familiensinn und -zusammenhalt kaputt mache.

Im Gegenzug bin ich ein begeisterter Radiohörer gewesen und ich konnte es kaum erwarten, bis endlich Abend wurde und ich mir die entsprechenden Sendungen anhören durfte. Da gab es mehrteilige abenteuerliche Hörspiele, Märchenstunden mit der legendären Trudy Gerster, informative Tiersendungen direkt aus dem Zoo Basel mit dem damals nicht minder legendären Carl Stemmler, und, und, und…

Ich vermisste die laufenden Bilder der Glotzkiste nie. Ich produzierte sie mir beiläufig beim Radiohören wie beim Lesen als bildhaftes Erleben in mir selbst.

Ein Patenkind war letzthin für ein paar Tage bei uns zu Besuch. Er ist gerade in äusserst schwierigen Lebensumständen. Er pubertiert. Trotzdem: Seine liebste Beschäftigung ist nach wie vor, den abenteuerlichen Geschichten seines Göttis zu lauschen, ihn mit Fragen zu löchern.

Die Fernsehkiste läuft übrigens in diesen Besuchszeiten nie.

 

Pin It on Pinterest