Nebst des Schreibens, des Geschichtenerzählens, des Schauspielerns pflege ich noch ein weiteres Hobby seit meinen Kindertagen. Es ist das Singen.

Vielleicht bin ich da erblich vorbelastet, denn mein Vater hat Jahrzehnte seines Daseins als hochgeschätzter 1. Tenor im Männerchor meines Heimatdorfes gesungen. Jeden Donnerstag, pünktlich wie ein Uhrwerk, ist er zur wöchentlichen Probe marschiert. Nachher gab’s den gemütlichen Umtrunk in einer der damals sechs Beizen im Dorf. Diese sich abwechselnden Besuche waren für die Männerchörler unumgänglich, denn man wollte keinen Beizer vergrämen. Immerhin waren die alle eingeschriebene Passivmitglieder und hin und wieder auch grosszügige Rundenschmeisser.

Leider haben es heute Männerchöre schwer, Nachwuchs zu rekrutieren. Das ausufernde Freizeitangebot und das schwindende Bewusstsein um den sozialen und kulturellen Wert des Singens sind aktuelle Zeiterscheinungen bzw. mögliche Gründe.

Doch zurück zu meinem liebsten Hobby: Bereits mit 5 Jahren habe ich mein erstes Lied komponiert und getextet. Ich eiferte damals dem jungen Mozart nach, der mit zarten 4 Jahren bereits Kompositionen aufweisen konnte. Zum Beispiel sein „O Ragnia Fia Gata“. Mein Lied war in Melodie und Text zugegebenermassen einfacher gestaltet. Nichtsdestotrotz habe ich es immer wieder – manchmal auch zusammen mit den Nachbarskindern – voller Inbrunst gesungen. Ach ja, den Text muss ich noch nachliefern: „Retschi Balla Butschi Balla… usw.“

Dann in meinen Sturm- und Drangjahren habe ich mich in verschiedenen Bands als Sänger eingebracht. Teils mit pfiffigen Songs. Mit wenigen Ausnahmen Adaptionen gängiger Rocksongs. Natürlich mit eigens von mir verfassten Mundarttexten, was damals überhaupt nicht üblich gewesen ist.

Leider habe ich damit meiner Stimme keinen Gefallen getan. Konnte ich damals noch in den höchsten Tönen jubilieren, verlagerte sich meine Stimmlage sukzessive in Richtung Bassregion.

Dann habe ich das Chorsingen entdeckt. Zuerst in zwei gemischten Chören, dann aus beruflicher Neugier bei einem Jodlerklub, und heute singe ich in einem Männerchor als tragende 2.-Bass-Stimme mit. Diese Stimmlage ist im Gegensatz zu den gängigen Jodelliedern (Ausnahmen z.B. Robert Fellmann’s Alpennacht) anspruchsvoller. Immer wieder gibt’s Lieder, wo der 2. Bass den Lead übernimmt. Sehr zum Wohlgefallen meinerseits. Oder auch Lieder, wo die vier Stimmregister abwechslungsweise die Stimmführung innehaben.

Chorprobe für die Konzertreihe Hogerland 2018

Leider ist uns derzeit von der Obrigkeit das gemeinsame Singen verboten worden. Wir mussten aus gleichen Gründen auch auf drei Konzerte verzichten, welche wir zusammen mit drei Profimusikern (Tenor, Querflöte, Flügel) in einer alten Mühle aufgeführt hätten: Variationen aus dem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert.

Solches tut weh, denn Singen – und vor allem das gemeinsame Singen – bedeutet Heilung, wie es auch Sir Yehudi Menuhin gesehen hat:

Im Singen würdigen wir uns und die Welt, die Natur und die Menschen, die mit uns sind. Wenn einer aus seiner Seele singt, heilt er zugleich seine innere Welt. Wenn alle aus ihrer Seele singen und eins sind in der Musik, heilen sie zugleich auch die äussere Welt.

 

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