Es ist heute eine Selbstverständlichkeit, dass viele von uns ein Musikinstrument spielen können. Dies haben wir den Blasmusikvereinen und Chorvereinigungen zu verdanken, die schon im frühen 19. Jahrhundert die Musikausübung für alle gesellschaftlichen Schichten öffneten. Früher war das Musizieren oft ein Privileg weniger Auserwählter.

Die Vorgänger der heutigen Blasmusikvereine hatten ihre Wurzeln teils im Militär, teils in städtischen oder wandernden Musikgruppen. Diese Musiker spielten eine zentrale Rolle in der Übermittlung von Signalen und dienten sogar dazu, den Feind durch laute und erschreckende Klänge einzuschüchtern.

Nach den Türkenkriegen des 17. Jahrhunderts, brachten Schweizer, die in fremden Armeen gedient hatten, exotische Instrumente wie Tschinellen und Triangeln in die Schweiz, die bald in ganz Europa beliebt wurden.

Im späten 18. Jahrhundert gründeten sich in der Schweiz die ersten zivilen Blasmusikvereinigungen, und im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wurden sie zu einem wichtigen sozialen Phänomen. Sie boten vielen die erste Gelegenheit, ein Instrument zu spielen und Noten zu lesen, häufig unterstützt durch private Spender, die die Instrumente bereitstellten.

Diese Bildungsaufgabe der Musikvereine dauerte bis in die 1970er und 80er Jahre, als die Jugendmusikschulen populär wurden.

Im 19. Jahrhundert mangelte es an spezifischen Kompositionen für Blasmusiken, sodass die Vereine oft auf Bearbeitungen von Orchesterstücken oder Themen aus Opern und Operetten zurückgriffen. Bevor es Grammophon und Radio gab, waren es die Blasmusikvereine, die bei öffentlichen Konzerten diese Melodien einem breiten Publikum nahebrachten. Erst nach 1900 begannen sich eigene Werke für Laienblasmusik zu entwickeln.

Auch die repräsentative Funktion der Musikvereine ist nicht zu unterschätzen. Bei Dorffesten und Umzügen sorgten und sorgen sie für den musikalischen Rahmen. Politische Gruppierungen gründeten oft eigene Blasmusiken, wodurch in vielen Ortschaften sowohl eine katholisch-konservative als auch eine liberale Blasmusik existierte. In Industriegebieten entstanden um die Jahrhundertwende Arbeiter-Blasmusiken, die bei gewerkschaftlichen Veranstaltungen wie dem 1. Mai spielten.

Heute gibt es vier typische Besetzungen in den Blasmusikvereinen:

  • Die Harmoniemusik mit Blech- und Holzblasinstrumenten sowie Schlagwerk,
  • Die Blechbesetzung (Fanfare), die oft lokal angepasst ist,
  • Die Metallharmonie (Fanfare mixte), die neben Blechblasinstrumenten auch Saxophone und gelegentlich andere Blasinstrumente umfasst,
  • Die Brass Band, die sich an einer standardisierten Blechbesetzung orientiert.

Die Schweizer Blasmusiken sind in Verbänden organisiert, von lokalen Sektionen bis hin zu kantonalen und regionalen Verbänden, sowie dem Schweizer Blasmusikverband SBV, der über 1’972 Vereine mit 54’000 aktiven Mitgliedern umfasst (Stand: 2024).

 

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