In Onoldswil (heute: Oberdorf BL), hoch oben auf dem Langacker, lebte ein alter weiser Mann alleine in einer bescheidenen Hütte. Er war weit über die Grenzen seines Dorfes hinaus für seine Weisheit und Lebenserfahrung bekannt.

Wann immer jemand aus dem Ort oder den umliegenden Gemeinden Rat suchte, besuchte er den weisen Mann, der stets bereit war, sein Wissen und seine Einsichten zu teilen.

Doch seine Fähigkeit, gute Ratschläge zu geben, weckte den Neid einiger Dorfbewohner, die ebenfalls gerne als klug und weise angesehen worden wären. Sie schmiedeten einen Plan, um den alten Mann zu überführen und seine Weisheit in Frage zu stellen.

Sie beschlossen, ein winziges Mäuslein zu fangen und es ihm in einer geschlossenen Hand zu präsentieren. Sie wollten ihn fragen, was sich in der Hand befände. Sollte der weise Mann die Frage korrekt beantworten, würden sie ihn mit einer weiteren Frage herausfordern: Ob das Mäuslein lebendig oder tot sei. Würde er sagen, es sei lebendig, planten sie, die Hand zu schliessen und das Mäuslein zu töten. Würde er hingegen behaupten, es sei tot, würden sie die Hand öffnen und das Mäuslein laufen lassen.

Mit diesem Plan näherten sie sich der Hütte des weisen Mannes und präsentierten ihm die geschlossene Hand. Nach kurzem Nachdenken antwortete der weise Mann: «Das, was ihr in der Hand haltet, kann nur ein winziges Mäuslein sein.»

«Nun gut», sagten die Neidischen, «da magst du recht haben, aber handelt es sich um ein lebendes oder um ein totes Mäuslein?»

Der weise Mann wiegte seinen Kopf eine Weile hin und her, dann schaute er seinen Mitbürgern tief in die Augen und sagte: «Ob das, was ihr in der Hand habt, lebt oder tot ist, das liegt allein in eurer Hand.»

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