Der österreichische Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl, 1897–1973, kann mich mit weisen Worten trösten, wenn ich wieder mal in der Komplexitätsfalle gelandet bin. Seine geflügelte Antwort darauf lautet schlicht und ergreifend: «Alles Wahre ist einfach».

Als Kind war mir das Emmental die liebste Gegend in der Schweiz.

Für mich wäre es damals das Schönste gewesen, im Emmental zu wohnen.

Mit roten Backen habe ich die Bücher der Emmentaler Autorin Elisabeth Müller (u.a. «Die 6 Kummer-Buben») verschlungen.

Trotz dieser Emmental-Affinität habe ich jedoch den Emmentaler-Käse nicht speziell gemocht. Viel lieber hätte ich mich an einem «Tilsiter», wie ihn damals die «besseren» Leute bevorzugten, gütlich getan.

Heute, wo ich ganz nahe des Emmentals wohne, mich mit den Volkskultur-Landschaften in der Schweiz auseinandersetze, fällt mir immer mehr auf, wie das Emmental die ländliche Kultur in der Schweiz beeinflusst hat.

Insbesondere die «Ländlermusik» hat wohl ihren Durchbruch einem Emmentaler-Instrument zu verdanken: Dem «Langnauerli».

Ich möchte an dieser Stelle nicht gross auf dessen Entstehungsgeschichte eingehen, sondern verweise gerne auf die vorzügliche Inszenierung einer Handharmonika-Manufaktur, in der die berühmten «Langnauerli» hergestellt wurden: » Regionalmuseum in Langnau. Ein Besuch lohnt sich.

Johann «Hänsu» Aeschbacher, 1875-1941, Eggiwil, Das historische Langnauerli, das «Hänsu» in Händen hält, spielt heute Werner Aeschbacher. (Fotonachweis: Thomas Aeschbacher)

Das «Langnauerli» verkörpert für mich das Schlichte, das Einfache. Das heisst jedoch nicht, dass es leicht ist, dieses Instrument zu spielen.

Vor einigen Jahren öffnete mir ein Meister auf diesem Instrument Augen und Ohren: » Werner Aeschbacher, der, wie könnte es anders sein, auch im Emmental (Eggiwil) aufgewachsen ist.

Er entlockt diesem einfachen Instrument die wundersamsten Tänzli-Melodien.

Dies führte mir vor Augen, dass gerade diese einfache musikalische Struktur das grosse Geheimnis der Volkmusik ist. Dass sich die Volksmusik einfacher musikalischer Formen bedient, heisst jedoch keineswegs, dass sie primitiv ist:

Diese einfache musikalische Struktur ist der Nährboden, auf dem sie gedeiht.

Und jetzt wären wir wieder beim von mir so verehrten » Karl Heinrich Waggerl angelangt:

Alles Wahre ist einfach.

 

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