Die Gestalt des Fischers finden wir schon in den ältesten Sagen und Märchen. Es war naheliegend, für die Ernährung Fischfang zu treiben. Aus Funden aus Pfahlbauten der jüngeren Steinzeit ist erwiesen, dass damals sogar schon Boote gebaut und Fischnetze angefertigt wurden. Netz und Angel haben sich, natürlich mit modernen Verbesserungen, bis heute behauptet.

Im alten Rom wurde einmal für eine Barbe 2.50 Thaler bezahlt. Cato bemerkte dazu kritisch, dass er am Gedeihen einer Stadt zweifle, die für einen Fisch mehr als für ein Rind bezahle. Doch gibt es dafür eine gute Erklärung: Der Fisch war damals ein sehr auserlesener Leckerbissen, den sich nur wenige Reiche leisten konnten. Kaiser Domitian rief einmal den Senat zusammen, um zu beraten, in was für einem Gefäss man einen grossen Steinbutt unzerteilt kochen könne. Da eine Lösung nicht gefunden wurde, liess der Kaiser extra ein Gefäss anfertigen und verfügte, dass nun immer einige Töpfer zum kaiserlichen Gefolge gehören sollten.

Durch die Speisesäle der reichen Römer wurden kristallklare Bäche geleitet, um die Fische mit der Hand fangen zu können. Seneca erzählt von Schlemmern, die so verwöhnt waren, dass sie keinen Fisch essen wollten, den sie nicht an der Tafel selbst vorher hatten schwimmen sehen. Lukullus, der gefeierte Vielfrass, war ein vielseitiger Mensch, der vielleicht durch die zweifelhafte Verherrlichung als Feinschmecker von der Nachwelt nicht genügend anerkannt wird. Er pflanzte zum Beispiel die ersten Kirschbäume in Italien, eine für den Obstbau des Landes wichtige und verdienstvolle Handlung. Dieser feine Diplomat, Feldherr, Sportsmann und Literaturfreund züchtete auch Fische und verdiente Beachtung als Naturfreund und Naturforscher.

Im Altertum verstanden die Fischer geschickt, Seetieren nachzugehen. Alle Muscheln, Mollusken und Krustazeen, die vielen Sorten delikater Fische des Mittelmeeres, welche die Bouillabaisse berühmt gemacht haben, zierten schon damals die Tafeln der Reichen. Es war eine grossartige Leistung, die oft erheblichen Transportschwierigkeiten zu überwinden, um aus fernen Ländern herbeizuschaffen, was die südliche Heimat nicht bot. So liessen die Cäsaren von der Küste Englands Austern holen, die in Rom natürlich noch frisch sein mussten. Eine besonders schmackhafte Art von Würstchen und gesalzenen Fischen, die vom Pontus nach Rom gebracht wurden, galten den renommiertesten Gourmets als grösste Delikatesse. Minderbemittelte sahen diese Schlemmerei allerdings, und nicht ganz zu Unrecht, als ein Zeichen zunehmender Dekadenz.

Die syrische Königin Atargatis hatte Angst, dass sie nicht genug Fische bekommen könnte, und verbot daher ihren Untertanen den Genuss von Fischen. Die alten Inkakaiser schätzten Seefische zu den täglichen Genüssen, obwohl ihre Hauptstadt 2000 Meter über dem Meeresspiegel lag. Wagen und Reittiere waren noch unbekannt. Die Fische mussten von Schnellläufern durch tropischen Urwald, über Felsen, Steppen und verschneite Pässe getragen werden, ehe sie in die goldenen Schüsseln und das fein bemalte Prunkgeschirr der Kaiser gelangten.

Im klassischen Athen wurden Fische ausserordentlich geschätzt. Aristoteles, der griechische Philosoph und Naturforscher, besass bereits eine umfassende Kenntnis des Körperbaus und der Lebensweise der Fische, die er scharf von den säugenden und mit Lungen atmenden Walen unterschied. Er kannte bereits 115 verschiedene Fische des Ägäischen Meeres.

Im Altertum galt der Fisch als «Zeichen des Todes». Die Priester jener Zeit assen darum nie Fisch. Bei den Pythagoräern genoss der Fisch eine gewisse Verehrung in charakterologischer Hinsicht, nämlich als ein «Sinnbild des Stillschweigens». Mit dem Zeitalter des Christentums gewann der Fisch eine andere Bedeutung. Das Fischbild war weit bis ins Mittelalter hinein ein geheimnisvolles Sinnbild des Christentums und findet sich immer wieder auf Briefen, Siegeln und auf Grabsteinen. Der Fisch hatte seine symbolische Verankerung in der christlichen Versinnbildlichung. Es sei an Petrus erinnert, der seines Zeichens Fischer war. Der Papst, in seiner Eigenschaft als Nachfolger Petri, trug einen kostbaren Fischring und belohnte mit ähnlichen Ringen hohe Würdenträger der Kirche.

Im Volksbrauch wurde der Fisch zum «Sinnbild der menschlichen Seele» und man nannte im Mittelalter die Taufbecken, aus denen die Seelen zum Heil der Kirche hervorgehoben wurden, Piscinae – Fischteiche. Viele alte Taufsteine mit Fischbildern zeugen noch heute davon. In der Wappenkunde wurden die Fische als «Symbol der Vaterlandsliebe» und zuweilen auch der klugen Voraussicht gedeutet. Meistens treten sie dann als Delphine auf. Bei der symbolischen Bedeutung, die der Fisch im Christentum bekam, sei als merkwürdig vermerkt, dass die Forelle in der Bibel nirgends erwähnt ist, übrigens auch nicht im Talmud und im Koran.

Sehr grosse Bedeutung, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, erlangte bis zur Reformationszeit der Fisch als Fastenspeise. Der grosse Humanist Erasmus von Rotterdam soll beim Anblick von Fischen Fieberanfälle bekommen haben. Melanchthon liebte Gründlinge und andere kleine Fische. Heinrich I. von Frankreich war ein grosser Fischfreund. Friedrich der Grosse schätzte Aalpastete und grüne Heringe. Der englische Dichter Pope liebte besonders Lampreten, Swift den Steinbutt.

Wir können die gute Tradition des Fisches in der Literaturgeschichte weiterverfolgen. Klopstock war ein begeisterter Liebhaber von Lachs, Goethe schätzte Neunaugen besonders, Wieland Forellen, Seume Aal, Kabeljau und Makrele, Fontane die Schmerlen. Oft haben auch die Dichter die Fische als Symbol gebraucht. Es sei an Gottfried Kellers «Am fliessenden Wasser», an Uhlands «Ich sah in Meeresschacht», an Rückerts «Die Fische bei Tische», an Grillparzers «Der Fischer» und an Goethes unter dem gleichen Titel verfasstes Gedicht erinnert.

Abschliessend lässt sich sagen, dass der Fischfang nicht nur eine grundlegende Überlebensstrategie war, sondern auch eine bedeutende Rolle in der Kulturgeschichte spielte, die sich in vielfältigen Traditionen, Symbolen und kulinarischen Vorlieben widerspiegelt.

 

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