Lebe dich – nicht die Erwartungen anderer

Es beginnt oft leise. Ein Blick, ein Nicken, ein «So macht man das» – und ehe man sich’s versieht, lebt man nicht mehr sich selbst, sondern ein Leben, das anderen gefallen soll.

Man erfüllt Pflichten, folgt Mustern, erfüllt Erwartungen. Und je länger das andauert, desto mehr verliert man den inneren Kompass. Was bleibt, ist ein Dasein auf fremden Gleisen. Sicher. Berechenbar. Aber auch: leer.

Wer sich ständig an den Erwartungen anderer ausrichtet, stirbt nicht plötzlich – sondern in kleinen, fast unmerklichen Dosen. Es ist ein stiller Selbstmord, der sich über Jahre hinzieht: ein Verzicht auf das Eigene, ein Verstummen der inneren Stimme, ein allmähliches Verblassen der Lebendigkeit. Und das Tragische daran? Die Menschen, für die man sich selbst verleugnet, werden dadurch auch nicht glücklicher. Denn wer das Glück im Aussen sucht, wird nie genug bekommen – von niemandem.

Wirkliches Glück beginnt da, wo wir aufhören, uns anzupassen. Wo wir den Mut haben, wir selbst zu sein. Unverstellt. Eigensinnig. Wahrhaftig. Das ist keine Einladung zur Rücksichtslosigkeit – sondern zur Klarheit. Wer seine eigene Individualität respektiert, wird auch die der anderen achten. Wer sich selbst treu bleibt, muss niemanden dominieren. Es ist eine Form der Würde, die sich nicht auf Kosten anderer behauptet.

Denn Individualität heisst nicht: Ich zuerst. Sondern: Ich bin. Du bist. Und wir begegnen uns. Ohne Erwartungen. Ohne Masken. Ohne Bedingungen.

Wer seine Lebensenergie darauf verwendet, es allen recht zu machen, verliert sich selbst – und kann am Ende keinem mehr etwas geben. Doch wer sich selbst erlaubt, zu sein, wer die eigene Stimme hört und ihr folgt, wird zur Quelle. Ein solcher Mensch ist nicht angepasst – aber verbunden. Nicht bequem – aber echt. Und genau das berührt, nährt und inspiriert.

Glück ist kein Ziel, das man durch Anpassung erreicht. Es ist eine Kunst, die man erlernt – im Loslassen. Im Vertrauen. Im lebendigen Sein.

Was denkst Du darüber?
Kennst Du das Gefühl, Erwartungen zu erfüllen, statt Dich selbst zu leben? Oder hast Du vielleicht schon Wege gefunden, Dich davon zu befreien?
Ich freue mich auf Deine Gedanken in den Kommentaren – denn auch das Gespräch darüber gehört zur Kunst des Glücklichseins.

 

4 Kommentare

  1. C Stern

    Lieber Hanspeter,
    Du bringst dieses Thema, das mich fortwährend beschäftigt, ganz, ganz großartig und in allerfeinsten Worten auf den Punkt. Chapeau!
    Danke, ich fühle mich sowas von ge- und betroffen, weil es mein inniges Bestreben ist, meinen Weg zu gehen und es trotzdem schmerzt, genau dafür von einer gewichtigen Person belehrt zu werden: Ich bin dabei, mich von diesem Menschen soweit als möglich zu lösen, was eine Herausforderung ist, wenn Spott und Häme aus der Familie kommen.
    Manche Menschen haben ein Elefantengedächtnis, nicht um der schönen Erinnerungen wegen, sondern, um anderen Menschen möglichst lange vorhalten zu können, was sie angeblich alles falsch gemacht haben bzw. machen.
    Ich habe vor zwanzig Jahren aufgrund einer ernsten Erkrankung Entscheidungen getroffen, die an einem die Menschheit verwirtschaftenden Zeitgeist total vorbeigehen, aber für mich fühlen sie sich richtig an. Ich habe mich dazu entschieden, mir in meinem Leben die Zeit zu widmen, die ich brauche, um im Fluss mit dem Leben zu bleiben. Immer dann, wenn ich diesen Lebensfluss nicht mehr beachtet habe, hat mich meine Seele schmerzhaft daran erinnert, wie auch in meinem sehr schwierigen Jahr 2024. Nun rapple ich mich langsam wieder hoch und versuche nach bestem Wissen, das zu beachten, was ich in meiner Rehabilitation Kostbares gelernt habe.
    Herzlichen Dank für Deinen tollen Beitrag und beste Grüße aus Österreich! C Stern

  2. Hanspeter Gautschin

    Liebe C. Stern

    Deine Zeilen haben mich tief berührt. Danke von Herzen für Deine Offenheit und Dein Vertrauen, solche persönlichen Gedanken hier zu teilen.

    Was Du beschreibst – der Schmerz, der entsteht, wenn man für seinen eigenen Weg nicht nur kein Verständnis, sondern sogar Spott und Häme erntet – das geht unter die Haut. Und umso mehr bewundere ich Deine Klarheit und Deinen Mut, trotz allem dem treu zu bleiben, was sich für Dich stimmig und richtig anfühlt. Es ist keine kleine Sache, sich abzugrenzen – gerade dann, wenn die Kritik aus dem engsten Umfeld kommt. Und doch ist es manchmal der einzige Weg, um sich selbst nicht zu verlieren.

    Dass Du nach einer ernsten Erkrankung den Entschluss gefasst hast, dem Fluss des Lebens Raum zu geben – das ist nicht nur weise, sondern auch ein starkes Zeugnis von innerer Reife. Ich glaube, viele Menschen spüren irgendwann, dass ein erfülltes Leben nicht im Funktionieren liegt, sondern im Verbundensein: mit sich, mit dem Leben, mit dem, was wirklich zählt. Du drückst das auf sehr eindrückliche Weise aus.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass 2025 für Dich ein Jahr des Aufatmens und der inneren Stärkung wird – dass Du Dich weiterhin daran erinnern darfst, wie kostbar Dein Weg ist. Und wie sehr Du mit Deiner Geschichte auch andere inspirierst.

    Alles Liebe nach Österreich – und danke nochmals für Deine wertvollen Worte!

    Herzlich
    Hanspeter

  3. C Stern

    Lieber Hanspeter,
    vielen Dank für Deine wunderbare Antwort, über die ich mich sehr freue. Es wohnt ihr soviel Deiner Herzlichkeit inne.
    Auch Herzensdank für Deine guten Wünsche,
    ganz liebe Grüße, C Stern

  4. peter

    Es lebe die Freiheit sich selber zusein.

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Ich bin Hanspeter Gautschin, Erzähler und Autor von BodeständiX – Geschichten, die bleiben.

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