Es ist kein Zufall, dass überall dort, wo der freie Geist als Bedrohung empfunden wird, als erstes Bücher verboten, Nachrichten und Online-Plattformen zensiert werden.
Heute sind es nicht nur Zeitungen und Zeitschriften, die der Kontrolle unterliegen, sondern auch soziale Medien, Blogs und alternative Nachrichtenseiten. Zwischen den Zeilen, auf diesen digitalen Plattformen, kann genug Sprengkraft liegen, um Meinungen zu formen, Bewegungen auszulösen und Machtverhältnisse ins Wanken zu bringen. In Staaten, in denen der Terror herrscht oder autoritäre Kontrolle wächst, wird das Wort fast noch mehr gefürchtet als direkter Widerstand – oft ist das eine die Ursache für das andere.
Die Sprache kann der letzte Hort der Freiheit sein. Damals, als die Freiheit noch konkreter bedroht war, wurde sie durch Mut und Zusammenhalt geschützt. Menschen tauschten heimlich Briefe aus, organisierten Versammlungen im Verborgenen und verteilten Flugblätter. Jede geheime Diskussion, jede kleine Rebellion war ein Akt des Widerstands. Das Wissen um die Bedeutung von Worten trieb Menschen an, und Schweigen war keine Option.
In Zeiten, in denen Informationen gezielt gesteuert und manipuliert werden, kann ein Gespräch, eine in Chatgruppen geteilte Nachricht oder ein heimlich verbreiteter Text wertvoller werden als materielle Dinge. Wir erleben, dass Worte immer noch Macht haben – eine Macht, die sowohl Befreiung als auch Unterdrückung bedeuten kann.
Worte wirken, das wissen wir. Sie können Frieden stiften oder Hass säen. Sie können Menschen zusammenbringen oder entzweien. In den Händen skrupelloser Politiker oder Agitatoren, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen, können Worte zu Waffen werden. Die meinungsbildenden Maschinen, die Algorithmen der sozialen Medien, spucken sie in rasantem Tempo aus, verbreiten sie schneller als je zuvor – Hunderte, Tausende Male pro Sekunde. Eine Gruppe von Menschen kann so zur Zielscheibe werden, kann durch Worte stigmatisiert und an den Rand gedrängt werden. Es braucht nur ein einziges Wort, um eine ganze Gemeinschaft ins Verderben zu stossen.
Ein Wort wie «Flüchtling», «Systemkritiker», oder «Gefährder» – es könnte morgen ein anderes sein. Der Satz: «Wenn Worte töten könnten» ist längst zur Realität geworden. Worte können töten, sie können das gesellschaftliche Klima vergiften und die Menschlichkeit zerstören. Es ist eine Frage des Gewissens, ob wir zulassen, dass Sprache in Bereiche entgleitet, in denen sie gefährlich, ja sogar mörderisch wird.
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