Der August, auch bekannt als Erntemonat oder Ernting, trägt den Namen des ersten römischen Kaisers Octavianus Augustus, des «Erhabenen».
Das lateinische Wort «Augustus», abgeleitet von «augere» – «vermehren» –, ist uns vertrauter, als es vielleicht klingt. Es ist verwandt mit dem deutschen «auch», das ursprünglich «füge hinzu» bedeutete, und so schwingt in beiden Begriffen die Idee des Wachsens und der Fülle mit.
Die Herrschaft des Kaisers Augustus markierte den Höhepunkt des Römischen Reiches – eine Zeit der Ruhe und Ordnung nach den Wirren der früheren Jahre. Augustus wurde als Friedensfürst und Förderer von Kunst und Literatur verehrt. Unter seiner Herrschaft erlebte Rom die längste Friedenszeit, die «pax romana». In dieser Zeit konnte der Tempel des Ianus auf dem Forum Romanum dreimal geschlossen werden, ein Zeichen des Friedens, das zuvor nur einmal möglich war. Dieses «Goldene Zeitalter» brachte eine Blütezeit der Kultur, wie sie Rom nie zuvor gesehen hatte.
Es ist also kein Zufall, dass der August, trotz seiner scheinbar willkürlichen Benennung, eine tiefere Bedeutung trägt. Er ist der «Erhabene» unter den Monaten, in dem alles zur Vollendung kommt. Der August bringt uns den grossen Mittag des Jahres, in dem alles zur Ruhe kommt. Kaum noch ein Vogel singt, und ein feiner Dunstschleier legt sich über die harte Realität. Die Nächte stehen im Zeichen leuchtender Sternschnuppen, besonders des Laurentiusschwarmes am 10. August, und unter dem Zeichen des Siebengestirns, der Plejaden, die in der Mythologie den olympischen Göttern Ambrosia reichten – die Speise der Unsterblichkeit.
Der August ist auch die Zeit der «Frauendreissiger» – vom 15. August bis zum 12. September –, in der die Erde unter dem besonderen Schutz der Himmelskönigin Maria steht. Man sagt, dass in dieser Zeit das Gift der Tiere unwirksam ist. Nach der Legende blieben im Grab Mariens nur Blumen und Kräuter zurück, weshalb ihr diese Pflanzen geweiht sind und vor Krankheit schützen sollen. Eine Fülle von Heilkräutern hat sich nun unter der warmen Sonne entfaltet: Wermut, Pfefferminze und Schafgarbe gegen Magen- und Darmbeschwerden, Baldrian zur Beruhigung, Kamille, Fingerhut und andere heilende Kräuter. Diese Tradition geht zurück auf die Göttermutter Frigga, die Gemahlin Wodans, nach der unser Freitag benannt ist, und wurde später auf die christliche Himmelskönigin Maria übertragen.
Das Korn reift und wird geerntet: Sommergerste, Hafer werden eingefahren, und das Emd wird von den Wiesen gesammelt. Der Bauer bringt Dünger auf die Brachfelder, und die Rinder tummeln sich auf den Weiden. Im Garten reifen Tomaten, Kürbisse und Gurken, und es blühen Sonnenblumen, Malven, Phlox, die ersten Dahlien und Astern. Auf den ungedüngten Wiesen zeigen sich Skabiosen, Grasnelken und Augentrost.
Viele der alten Erntebräuche, die früher die Erntezeit zu einem fröhlichen Fest machten, sind leider im Zeitalter der Maschinen verschwunden. Einst zog sogar ein Geiger mit den Schnittern aufs Feld und spielte zur Arbeit auf. Die ersten drei Ähren wurden ins Feld geworfen, um die «Kornmutter» zu besänftigen. Wer nicht mit den anderen Schnittern Schritt halten konnte, wurde «überrundet» und auf einem Inselchen aus Getreide zurückgelassen, während der Geiger eine Spottweise spielte. Ging ein Fremder vorüber, wurde er «in die Halme genommen» – unversehens mit einer Schlinge aus Halmen eingefangen – und musste sich mit Speis und Trank loskaufen. Die letzte Garbe brachte Glück ins Haus und wurde als Erntekrone geflochten, die das Heim beschützte. Den Höhepunkt der Ernte bildete die «Sichellegi» oder auch «Sichlete», eine gemeinsame Mahlzeit, bei der es bei Speis und Trank hoch herging.
Der Bartholomäustag am 24. August, an dem die Sonne ins Sternbild der Jungfrau tritt und die Hundstage enden, gilt bereits als Herbstanfang: «Bartlome nimmt den Donner und bringt den Schnee.» Die ersten Zugvögel, wie Mauersegler und Störche, sind schon fort, und nun folgen Pirol und Kuckuck. Die bunten Dahlien und Astern künden bereits den Herbst an.
So lehrt uns der August, dass Vollendung zugleich Beschränkung bedeutet. Das Wissen um den kommenden Niedergang macht uns bewusst, dass Höhepunkte nur dort existieren, wo es wieder abwärts geht – hin zu Sammlung, Reife und Tod, aus denen neues Leben entsteht. Es ist das grosse Atmen der Natur, das für denjenigen sinnvoll ist, der es bejaht.
Erklärungen zu den Begriffen:
- Laurentiusschwarm (Perseiden): Der Laurentiusschwarm ist ein Meteorstrom, der jedes Jahr um den 10. August (dem Laurentiustag) am Nachthimmel zu sehen ist. Er wird auch als Perseiden bezeichnet, da die Sternschnuppen scheinbar aus dem Sternbild Perseus kommen.
- Plejaden: Die Plejaden sind ein Sternhaufen im Sternbild Stier, der mit blossem Auge als Gruppe von etwa sieben Sternen sichtbar ist. In der griechischen Mythologie waren die Plejaden sieben Schwestern, die den olympischen Göttern als Dienerinnen dienten und Ambrosia, die Speise der Unsterblichkeit, darreichten.
- Frauendreissiger: Dieser Begriff beschreibt die Periode zwischen dem 15. August (Mariä Himmelfahrt) und dem 12. September, in der die Natur besonders fruchtbar und unter dem Schutz der Jungfrau Maria steht. Dieser Zeitraum war im Volksglauben und in der christlichen Tradition eine Zeit der Heilkräuter und Schutzpflanzen.
- Frigga (auch Frigg): Frigga ist eine germanische Göttin, die Gemahlin des Gottes Wodan (auch Odin). Sie ist die Schutzgöttin der Ehe und der Mütter und hat auch eine Verbindung zur Natur und zum Fruchtbarkeitskult. Der Freitag (englisch «Friday») ist nach ihr benannt.
- Sichlete (auch Sichellegi): Dies war ein traditionelles Erntefest, das gefeiert wurde, wenn die letzte Garbe Getreide geschnitten war. Man ass und trank gemeinsam und feierte den Abschluss der Ernte. Der Begriff leitet sich von der Sichel ab, dem Werkzeug, mit dem früher das Getreide geschnitten wurde.
- Bartholomäustag (24. August): Der Bartholomäustag ist ein christlicher Gedenktag für den Apostel Bartholomäus. In der bäuerlichen Tradition markiert er oft den Beginn des Herbstes und das Ende der sogenannten Hundstage (die heissesten Tage des Jahres).
- Hundstage: Dies ist die Bezeichnung für die heissen Tage im Hochsommer, die etwa vom 23. Juli bis zum 23. August dauern. Sie sind nach dem Sternbild des Grossen Hundes (Canis Major) benannt, da in dieser Zeit der hellste Stern dieses Sternbildes, Sirius, am Morgenhimmel erscheint.
- Kornmutter: In alten Erntetraditionen wurde die «Kornmutter» als eine Art Naturgeist oder Fruchtbarkeitsgöttin verehrt. Sie stand symbolisch für die Fruchtbarkeit der Felder, und man glaubte, dass sie im letzten Büschel des Getreides lebte. Diese Ähren wurden oft als Opfer dargebracht, um die nächste Ernte zu sichern.
- Emd: Emd ist ein landwirtschaftlicher Begriff, der das zweite oder dritte Gras beschreibt, das nach dem ersten Schnitt (Heuernte) auf den Wiesen wächst. Es wird ebenfalls geerntet und dient oft als Futter für die Tiere.
- Skabiosen: Dies sind Blumen, die auf kalkarmen, ungedüngten Wiesen wachsen. Sie sind auch als «Witwenblumen» bekannt und dienen oft als Nahrungsquelle für Schmetterlinge und andere Insekten.
- Augentrost: Eine Pflanze, die traditionell zur Behandlung von Augenbeschwerden eingesetzt wurde. Der Name leitet sich von ihrem früheren Einsatz in der Volksmedizin ab.
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