Freundlichkeit als Lebenshaltung

Freundlichkeit wird oft mit Nettigkeit verwechselt. Doch in Wahrheit ist sie etwas viel Tieferes – eine stille, durchlässige Qualität der Liebe, die nicht auf Sympathie beruht, sondern auf innerer Klarheit.

Freundlichkeit – das klingt harmlos. Fast brav.
Ein Wort, das so oft benutzt wird, dass kaum einer innehält, wenn es fällt.
Aber was, wenn Freundlichkeit in Wahrheit die reinste Form der Liebe ist?

Nicht als Geste. Nicht als Verhalten.
Sondern als Haltung des Herzens, die aus tiefer, innerer Reife entsteht.

Die meisten Menschen kennen Freundschaft.
Sie wissen, wie es sich anfühlt, wenn man sich mag, miteinander lacht, einander hilft.
Freundschaft ist wertvoll.
Aber sie ist oft auch an Bedingungen geknüpft: Gemeinsamkeiten, Geschichte, Sympathie.

Freundlichkeit hingegen ist bedingungslos.
Sie ist nicht auf bestimmte Menschen gerichtet –
sondern eine Grundstimmung der Seele, ein innerer Duft, der allem Lebendigen wohlgesonnen ist.

Man kann Freundlichkeit nicht «tun».
Man kann sie nicht erzwingen, nicht planen, nicht aus Pflicht heraus leben.
Man kann sie nur werden.
Oder genauer:
Man kann sie entdecken – indem man all das ablegt, was sie verdeckt.

Der Weg dorthin ist kein moralisches Training, sondern eine Transformation.
Denn solange wir innerlich verstrickt sind in Erwartungen, Abhängigkeiten, Ego-Spielchen, wird Freundlichkeit zur Fassade. Dann sind wir höflich – aber nicht echt.
Dann helfen wir – aber erwarten etwas zurück.
Dann sprechen wir freundlich – aber innerlich bleiben wir verschlossen.

Echte Freundlichkeit ist anders.
Sie ist durchlässig. Still. Leise.
Sie braucht keine Bühne, kein Publikum, keine Dankbarkeit.

Sie ist wie ein Duft.
Man kann ihn nicht greifen.
Man kann ihn nicht festhalten.
Aber wenn er da ist, durchdringt er alles – unaufdringlich, und doch ganz.

Er umgibt dich. Er zieht durch deine Stimme, deine Augen, deine Schritte.
Nicht, weil du etwas Besonderes tust.
Sondern weil du nichts mehr verstecken musst.

Diese Freundlichkeit entsteht, wenn du authentisch wirst.
Wenn du aufhörst, dich selbst zu verbessern, zu korrigieren, zu inszenieren.
Wenn du dich sein lässt, wie du bist – mit allem, was dazugehört.

Dann geschieht etwas.
Etwas Weiches, etwas Warmes, etwas, das durch dich wirkt, ohne dass du es bewusst steuerst.
Eine Qualität, die nicht bewertet, nicht fordert, nicht urteilt.

Nur da ist.

Man spürt es bei manchen Menschen.
Sie sagen vielleicht wenig. Aber ihre Gegenwart wirkt beruhigend.
Sie sind nicht spektakulär. Aber man fühlt sich gesehen.
Sie helfen nicht immer aktiv. Aber sie strahlen eine Güte aus, die bleibt.

Das ist Freundlichkeit.
Der Duft der Liebe – jenseits von Wollen.

 

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Ich bin Hanspeter Gautschin, Erzähler und Autor von BodeständiX – Geschichten, die bleiben.

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