Der (geplante) Flughafen in Utzenstorf – Ein Flughafen, der nie abhob

Was wäre wohl geschehen, wenn der Grossflughafen Mittelland tatsächlich in Utzenstorf realisiert worden wäre?

Die weitläufige, fruchtbare Landschaft der Region, oft als «Kornkammer des Kantons Bern» bezeichnet, wäre unwiderruflich verändert worden. Doch der entschlossene Widerstand der örtlichen Bauern verhinderte das gigantische Infrastrukturprojekt – und bewahrte eine der letzten grossflächig unverbauten Kulturlandschaften des Mittellandes.

Ein visionäres, aber umstrittenes Projekt

In den Planungen wurde Utzenstorf als idealer Standort für einen nationalen Flughafen betrachtet. Die Lage im geografischen Zentrum der Schweiz, die Nähe zu den wichtigsten Ost-West-Verkehrsachsen und die topografischen Gegebenheiten sprachen für den Standort. Die Berner Regierung setzte sich vehement für das Vorhaben ein, doch es scheiterte letztlich an starkem Widerstand aus der Bevölkerung.

Die geplante Anlage hätte eine Fläche von 309 Hektaren beansprucht – darunter 132 Hektaren landwirtschaftlich genutztes Gebiet und 177 Hektaren Wald. Der Flughafen wäre mit einer 2,8 Kilometer langen Hauptpiste ausgestattet worden, ergänzt durch drei kürzere Nebenpisten. Rund ein Drittel des Areals sollte mit Hartbelag bedeckt werden, während der Rest extensiv genutzt bleiben sollte.

Der Bau hätte drastische Eingriffe in die bestehende Landschaft nach sich gezogen: Ein Bauernhof hätte weichen müssen, zahlreiche Flurwege wären aufgehoben und ein kleines Fliessgewässer überdeckt worden. Zudem hätte die Verbindungsstrasse Kirchberg–Utzenstorf westlich um das Flughafenareal verlegt werden müssen.

Modernste Infrastruktur mit revolutionärem Bahnanbindungskonzept

Das Herzstück des Flughafens wäre der Kontrollturm gewesen, um den sich die zentralen Infrastrukturen gruppierten:

  • Ein Verwaltungsgebäude
  • Ein grosszügiges Passagierterminal mit angebautem Hotel- und Restauranttrakt
  • Drei diagonal angeordnete Werkbauten
  • Ein Frachtterminal, ein Hangar und eine Werfthalle

Eine besondere Innovation, die für die damalige Zeit als visionär galt, war die direkte Anbindung an das Eisenbahnnetz. Eine Gleisverbindung von der Emmequerung bei Aefligen (Strecke Burgdorf–Solothurn) hätte einen Bahnhof direkt vor dem Terminal ermöglicht. Noch ungewöhnlicher war der geplante Gleisanschluss des Frachtbereichs: Ein weiteres Verbindungsgleis zwischen Lyssach und Aefligen sollte die Anbindung aus westlicher Richtung optimieren.

Warum scheiterte das Projekt?

Obwohl die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für den Flughafen ideal waren, stiess das Projekt von Anfang an auf massiven Widerstand. Besonders die Bauern, deren fruchtbares Land betroffen gewesen wäre, setzten sich vehement zur Wehr. Sie argumentierten, dass die landwirtschaftliche Produktion für die Region unverzichtbar sei und ein Flughafen die charakteristische Kulturlandschaft zerstören würde.

Neben dem Widerstand aus der Bevölkerung spielten auch wirtschaftliche und politische Überlegungen eine Rolle. Der geplante Flughafen in Utzenstorf stand in Konkurrenz zu anderen Flughafenprojekten – insbesondere zum Ausbau der bestehenden Flughäfen Zürich-Kloten, Genf-Cointrin und Basel-Mulhouse. Am Ende entschieden sich die Verantwortlichen gegen eine Neuanlage im Mittelland.

Heute erinnert nur noch wenig an das einst ambitionierte Projekt. Die Ebene von Utzenstorf blieb unbebaut, die Äcker und Wiesen sind weiterhin landwirtschaftlich genutzt – ein Relikt aus einer Zeit, in der die Schweiz noch nach einem zentralen Flughafen suchte.

Zeitlicher Ablauf der Planungen

  • 1942–1943: Ausarbeitung detaillierter Pläne für den Flughafen Utzenstorf
  • Ende 1943: Die Berner Kantonsregierung leitet das Projekt an die zuständigen Bundesbehörden weiter
  • Februar 1945: Der Bundesrat entscheidet sich trotz fortgeschrittener Planungen für Utzenstorf letztendlich für den Standort Zürich-Kloten
  • Juni 1945: Die Bundesversammlung bezeichnet offiziell Zürich-Kloten als Standort des interkontinentalen Flughafens

 

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Ich bin Hanspeter Gautschin, Erzähler und Autor von BodeständiX – Geschichten, die bleiben.

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