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Der Apfel – Eine Frucht voller Geheimnisse und Geschichte

Jetzt, da die Apfelernte in vollem Gange ist und die Bäume ihre reiche Pracht preisgeben, ist der perfekte Zeitpunkt, um in die faszinierende Welt des Apfels einzutauchen. Diese bemerkenswerte Frucht begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden und ist tief in unseren Kulturen, Mythen und Legenden verwurzelt.

Der Apfel – seit jeher Symbol für Verführung, Wissen und Macht. Seine süsse Verlockung hat nicht nur unsere Geschmacksknospen erobert, sondern auch unzählige Geschichten geprägt. Wer hätte gedacht, dass ein so alltägliches Obst eine solch tiefgreifende Bedeutung in verschiedenen Kulturen und Epochen besitzt?

In der Bibel wird der Apfel zum Sinnbild des Sündenfalls. Wir alle kennen die Geschichte: Eva reicht Adam die verbotene Frucht, er kostet davon, und plötzlich erkennen sie Gut und Böse. Diese Tat führt zur Vertreibung aus dem Paradies. Interessanterweise war es ursprünglich wohl kein Apfel, sondern eher eine Feige oder ein Granatapfel. Ein Übersetzungsfehler oder Missverständnis des lateinischen Wortes «malum», das sowohl «Apfel» als auch «Übel» bedeuten kann, führte zur Verwechslung.

Der lateinische Name für Apfel lautet «malum», und der für Apfelbaum «malus». Im Italienischen spiegelt sich dies in «mela» wider. Man könnte meinen, dass «malum» und «malus» eine unheilvolle Ähnlichkeit mit dem Wort für «schlecht» haben – ebenfalls «malus». Dieses Wort findet sich in deutschen Begriffen wie maliziös (bösartig) oder vermaledeien (verwünschen) wieder. Allerdings unterscheidet sich die Aussprache: «Malum» (Apfel) wird mit langem «a» gesprochen, während «malus» (schlecht) kurz ausgesprochen wird.

Unabhängig davon ist der Apfel eng mit dem Thema Verführung verbunden. Im Mittelalter galt Sexualität oft als Sünde, und der Apfel wurde zum Symbol dieser Versuchung – ein hartes Los für eine so schmackhafte Frucht.

Doch nicht nur in der christlichen Tradition spielt der Apfel eine bedeutende Rolle. In vielen antiken Kulturen symbolisierte er ewige Jugend und Unsterblichkeit. Die Äpfel der Hesperiden in der griechischen Mythologie sind ein hervorragendes Beispiel. Die goldenen Äpfel, bewacht von den Nymphen Hesperiden, verleihen den Göttern des Olymps Unsterblichkeit und ewige Jugend. Herakles‘ elfte Aufgabe bestand darin, diese Äpfel zu stehlen – ein Beweis für ihre immense Bedeutung.

In der nordischen Mythologie hütet die Göttin Idun die goldenen Äpfel, die den Göttern ewige Jugend schenken. Als der Riese Thjazi Idun entführt, beginnen die Götter zu altern, bis Loki sie schliesslich zurückholt. Die Äpfel wachsen in einem geheimnisvollen Land im Westen, oft als Apfelland mit Jungbrunnen bezeichnet.

Der Apfel ist also ein archetypisches Symbol, das in nahezu allen Kulturen vorkommt und stets ähnliche Bedeutungen trägt. Kein Wunder, dass ihm auch magische Kräfte zugesprochen werden. Im Volksglauben nutzte man den Apfel als Orakel, besonders in Liebesangelegenheiten. Junge Frauen warfen Apfelschalen über die Schulter, um aus der Form des Falles den Anfangsbuchstaben ihres zukünftigen Ehemannes zu lesen. Zudem galt der Apfel als Schutz vor Krankheiten und bösem Zauber.

Die Germanen glaubten, dass der Apfelbaum unter dem besonderen Schutz der Götter stand. Selbst die Blitze Donars (Thor) konnten ihm nichts anhaben. Daher pflanzte man Apfelbäume oft nahe an den Häusern, um sich diesen göttlichen Schutz zunutze zu machen.

Die kugelförmige Gestalt des Apfels gilt als Sinnbild für Vollkommenheit und steht für Schönheit, Glück, Macht und Herrschaft. Der Reichsapfel, Teil der Insignien vieler europäischer Monarchien, symbolisiert genau diese Aspekte und unterstreicht die weltliche und geistliche Macht des Herrschers.

In den Märchen spielt der Apfel ebenfalls eine zentrale Rolle. Denken wir an Schneewittchen: Der vergiftete Apfel der bösen Königin wird zum Instrument des Verrats und der Eifersucht, aber letztlich auch zum Auslöser für Schneewittchens Rettung und Happy End.

Aber der Apfel hat noch weitere Facetten:

  • Isaac Newton soll der Legende nach durch einen fallenden Apfel auf das Gesetz der Gravitation gekommen sein. Ob der Apfel tatsächlich auf seinen Kopf fiel, bleibt ungewiss, doch die Geschichte betont die Verbindung des Apfels mit Erkenntnis und wissenschaftlichem Fortschritt.
  • In der Schweizer Sage um Wilhelm Tell wird der Apfel zum Symbol für Mut und Freiheitskampf. Tell musste einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schiessen, eine Tat, die seine Geschicklichkeit und seinen Widerstand gegen die tyrannische Obrigkeit demonstrierte.
  • In der modernen Popkultur ist der Apfel allgegenwärtig. Das Logo eines der weltweit bekanntesten Technologieunternehmen, Apple Inc., steht für Innovation, Kreativität und den «Biss» in neue Technologien – ein subtiler Verweis auf die biblische Frucht des Wissens.
  • In der Medizin geniesst der Apfel einen ausgezeichneten Ruf. Das englische Sprichwort «An apple a day keeps the doctor away» betont seine gesundheitlichen Vorteile. Reich an Vitaminen, Ballaststoffen und Antioxidantien trägt der regelmässige Verzehr von Äpfeln zu einem gesunden Lebensstil bei.

Auch in der Kunst und Literatur findet der Apfel seinen Platz. Maler wie Paul Cézanne widmeten dem Apfel ganze Stillleben, um Form, Farbe und Licht einzufangen. In der Literatur dient der Apfel oft als Metapher für verbotene Wünsche oder verlorene Unschuld.

Der Apfelwein oder Cidre ist in vielen Kulturen ein beliebtes Getränk und spiegelt die Verbindung von Tradition und Genuss wider. Regionen wie das Alte Land in Deutschland (Teil der Elbmarsch südlich der Elbe in Hamburg und in Niedersachsen) oder die Normandie in Frankreich sind berühmt für ihre Apfelkulturen und die daraus hergestellten Produkte.

Selbst in der Botanik ist der Apfel bemerkenswert. Es gibt über 30.000 Apfelsorten weltweit, von süss bis sauer, von rot bis grün, jede mit ihrem eigenen Geschmack und Charakter.

Der Apfel ist also weit mehr als nur eine Frucht. Er ist Symbol, Mythos und Legende zugleich. Er steht für Sünde und Erlösung, für Tod und Unsterblichkeit, für Verführung und Weisheit. Das nächste Mal, wenn du in einen saftigen Apfel beisst, denke an die reiche Geschichte und die vielfältigen Bedeutungen, die in dieser einfachen Frucht stecken. Geniesse ihn mit Respekt vor seinem ehrwürdigen Erbe und lass’ dich von seiner Magie verzaubern.

Literaturhinweise:

Diese Literaturhinweise bieten vertiefende Informationen zu den verschiedenen Aspekten des Apfels, von seiner botanischen Beschreibung über historische und mythologische Hintergründe bis hin zu seiner Rolle in Kunst, Kultur und Wissenschaft. Sie können Dir dabei helfen, die vielfältigen Bedeutungen und Symboliken des Apfels weiter zu erforschen.

  • Bächtold-Stäubli, Hanns: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Walter de Gruyter Verlag, Berlin.
    Dieses umfassende Werk bietet Einblicke in den Volksglauben und die Symbolik des Apfels in verschiedenen Kulturen.
  • Grimm, Jacob und Wilhelm: Kinder- und Hausmärchen. Verschiedene Ausgaben.
    Enthält Märchen wie «Schneewittchen», in denen der Apfel eine zentrale Rolle spielt und symbolische Bedeutungen trägt.
  • Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Herder Verlag, Freiburg.
    Erklärt die Herkunft und Bedeutung von Redensarten und Sprichwörtern rund um den Apfel.
  • Hegi, Gustav: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg.
    Bietet eine detaillierte botanische Beschreibung des Apfelbaums und seiner zahlreichen Sorten.
  • Seitz, Udo (2005): Der Apfel: Kulturgeschichte einer Frucht. Primus Verlag, Darmstadt.
    Dieses Buch beleuchtet die historische und kulturelle Bedeutung des Apfels von der Antike bis zur Gegenwart.
  • Schneider, Karin (2008): Mythos und Symbolik des Apfels. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main.
    Untersucht die symbolische Bedeutung des Apfels in Mythen, Religion und Kunst verschiedener Epochen.
  • Paracelsus: Sämtliche Werke: Medizinische Schriften. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt.
    Enthält Abhandlungen über die medizinische Verwendung von Pflanzen, einschliesslich des Apfels.
  • Newton, Isaac: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica. Verschiedene Ausgaben.
    Obwohl der Apfel in diesem Werk nicht direkt erwähnt wird, ist es eng mit der Legende um Newtons Entdeckung der Gravitation verbunden.
  • Cézanne, Paul: Cézannes Äpfel: Stillleben und Symbolik. Ausstellungskataloge und Kunstbände.
    Analysiert die Bedeutung des Apfels in den Werken von Paul Cézanne und seine Auswirkungen auf die Kunstgeschichte.
  • Sekundärliteratur zur griechischen und nordischen Mythologie:
    Bücher und Fachartikel, die die Rolle des Apfels in Mythen wie den Äpfeln der Hesperiden oder Iduns goldenen Äpfeln behandeln.

 

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Ich bin Hanspeter Gautschin, Erzähler und Autor von BodeständiX – Geschichten, die bleiben.

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