Chrysantheme – Die tapfere Herbstblume

Chrysanthemen, jene standhaften Gartenpflanzen, bringen Farbe und Leben in die karge Jahreszeit.

Besonders geschützt an Hausmauern, trotzen sie Wind und Kälte oft bis in den Advent hinein. Ein starker Frost beendet ihr Blühen zwar abrupt, doch bis dahin entfalten sie ihre volle Pracht – als letzter Gruss der Blumenwelt an das scheidende Gartenjahr. Ihre Farben leuchten in zahlreichen Nuancen, von Weiss über Rosa und Violett bis hin zu tiefem Rot und strahlendem Orange. Die Chrysanthemen schenken dem November ihre Vielfalt und Fröhlichkeit, als feierten sie mutig ein letztes Fest.

Farben und Formen: Ein Spektrum der Züchterkunst

Die Vielfalt der Chrysanthemen ist das Werk der Blumenzüchter, die über die Jahrhunderte hinweg Farben und Formen kultivierten und verfeinerten. Ihre Blüten präsentieren sich von schlichten, kleinen Köpfen bis zu barocken, fransigen Blüten, die an alte asiatische Kunstwerke erinnern. Chrysanthemen gibt es als kleine, buschige Stauden oder als riesige Schnittblumen für Sträusse. Die Grossblütigen, die oft in Geschäften zu finden sind, stammen von chinesischen Urformen ab und symbolisieren durch ihre kunstvolle Gestaltung die Jahrhunderte alter Traditionen in Japan, Korea und China.

Die Chrysantheme: Symbol des Widerstands

Chrysanthemen, die in den kühlen Herbsttagen erblühen, erinnern an Mut und Widerstandskraft. Sie wachsen und gedeihen, während viele andere Pflanzen sich bereits zurückziehen. Selbst ein eisiger Morgentau kann ihren kräftigen Farben nichts anhaben. Sie besitzen weder den Duft des Sommers noch die Anziehungskraft für Insekten, die bereits in ihrem Winterschlaf sind. Doch die Chrysanthemen brauchen keinen betörenden Duft, um die Blicke auf sich zu ziehen – ihre Farben strahlen eine kühle Stärke aus und eine Botschaft von Unabhängigkeit.

Die verborgene Schönheit der Spätblüte

Fast das ganze Jahr hindurch bereiten sich die Chrysanthemen auf ihre Blütezeit vor, die oft erst im November erreicht wird. Diese späte Entfaltung schenkt dem Garten eine tiefe Feierlichkeit. Es scheint, als sei ihr langsamer Lebensrhythmus ein Symbol der Beständigkeit. Chrysanthemen sind das Zeichen dafür, dass Schönheit und Lebensfreude auch in der dunkleren Jahreszeit bestehen bleiben können. Die silbrig-rosa Sorte «Nebelsonne» steht beispielhaft für diese zarte, fast überirdische Schönheit.

Ein Fest der Blumen: Schillers Jubiläum

Einen besonderen Höhepunkt erreichte die Wertschätzung der Chrysanthemen im Jahr 1859 im Londoner Kristallpalast. Zum hundertsten Geburtstag Friedrich Schillers versammelte man dort eine Million Chrysanthemen, begleitet von der Musik eines riesigen Orchesters mit fünftausend Musikern. Es war eine Hommage an Schillers Hymne «An die Freude» und an die blühende Kraft dieser besonderen Blumen, die wie ein leuchtender Funke der Schönheit den kalten Herbst erhellten.

Literaturverzeichnis

  • Hoffmann, Gerd. Die Welt der Chrysantheme: Geschichte und Bedeutung einer Herbstblume. München: Blumenverlag, 2007.
  • Scholz, Petra. Blumenkulturen in Ost und West: Der Einfluss asiatischer Pflanzen auf europäische Gartenkunst. Berlin: Verlag für Botanik, 2012.
  • Thompson, Alice. Chrysanthemums: Cultivating Joy in the Winter Garden. London: Botanical Publishing, 2015.

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Ich bin Hanspeter Gautschin, Erzähler und Autor von BodeständiX – Geschichten, die bleiben.

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