Demnächst haben uns die Eisheiligen wieder im kalten Würgegriff. Nehmen wir diese Eisheiligen überhaupt noch wahr?

Als Kind erlebte ich es noch, dass meine Eltern immer um die Mitte des Wonnemonats Mai sorgenvoll seufzten: «Ach, jetzt kommen die Eisheiligen. Hoffentlich machen die uns die ganze Gartenarbeit nicht zunichte.» Auch die Bauern schauten jeweils sorgenvoll zum Himmel, hörten sich die Wetterprognosen im Radio Beromünster an und hofften, die Eisheiligen würden dieses Mal ihrem Namen keine Ehre antun. Heute scheinen die Medien diese seltsamen Heiligen kaum noch zu beachten. Sind sie möglicherweise bereits aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden und das Wetter hält sich dementsprechend auch nicht mehr daran!

Wer sind die Eisheiligen?

Die Eisheiligen werden nach fünf Heiligen benannt, deren Namenstage die katholische Kirche in dieser Zeit noch feiert. Das sind: Mamertus (11. Mai), Pankratius (12. Mai), Servatius (13. Mai), Bonifatius (14. Mai) und Sophia (15. Mai) – im Volksmund auch «Die kalte Sophie» genannt. In Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz werden jedoch lediglich vier Heilige geehrt: die Herren Pankratius, Servatius, Bonifatius (12. –14. Mai) und dazu noch die Kalte Sophie am 15. Mai.

Meteorologische Betrachtung: Warum ist es kalt?

Die meteorologische Erklärung der Eisheiligen setzt an der mittleren Luftdruckverteilung an. Der relativ hohe Luftdruck bedeutet für Mitteleuropa trockene, meist kühle Winde aus Nord und Ost; dabei steigt die Tageshöchsttemperatur kaum über 15 Grad, in den klaren Nächten besteht Frost-, und besonders Bodenfrostgefahr, die ab der Monatsmitte abnimmt. Tatsächlich findet man in langjährigen Beobachtungsreihen eine Bodenfrostwahrscheinlichkeit von 39 % für die ersten fünf Mainächte, in den zweiten fünf Nächten liegt sie bei 33 %; zwischen dem 11. und 15. Mai liegt die Wahrscheinlichkeit für Bodenfrost bei 18 % und sinkt dann auf unter 5 % ab.

Kulturelle Bedeutung: Von alten Bauernregeln bis heute

Diese Tage, welche in langjährigen Temperaturbeobachtungsreihen im Durchschnitt als Kälterückfälle erscheinen, sind schon seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Als Wetterregeln tauchen die Eisheiligen in einem alten Bauernkalender aus der Steiermark erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Vor dem Ende der Eisheiligen wird gewöhnlich im Garten nicht gepflanzt und kein Vieh auf die Weide getrieben. Früher waren auch Feuer zur Abwehr der Kälte verbreitet, dieser Brauch geriet jedoch in Vergessenheit.

Literarische Echos: Die Eisheiligen in der Kinderliteratur

Zu den Eisheiligen, auch als Gestrenge Herren, Eismänner oder Maifröste bekannt, hat die deutsche Kinderbuchillustratorin Else Wenz-Viëtor, 1882–1973, einen passenden Kinderreim beigesteuert (aus ihrem Buch «Steig ein mein Kind, wir reisen durchs Jahr»):

Im Walde, im Walde, da geht es: Zipzipzipferling!
Da singen alle Vögelein, da singt der kleine Fink.
Im Walde, im Walde, da hocken ihrer drei,
die singen nicht, die lachen nicht, die machen kein Geschrei,
sie haben weisse Bärte und Nasen, rot und kraus;
der Kuckuck und der Starenmatz, die lachen beid‘ sie aus.
Doch steckt der Mond die Lampe an, dann huscheln sie durchs Land
und treiben tollen Schabernack und Streiche allerhand.
Sie greifen wüst dem Blütenbaum ins weisse Haar hinein,
mit spitzen Fingern zwicken sie die Blumen in das Bein.
Wir wollen schnell sie haschen, dann hat es keine Not;
wir bringen sie Frau Sonne, die sticht sie mausetot.

Schlussbetrachtung: Ein verschwindendes Phänomen?

In der modernen Gesellschaft, wo die Medien und viele Menschen die Bedeutung dieser Tage nicht mehr so stark wahrnehmen, könnte es sein, dass die Eisheiligen langsam aus unserem Bewusstsein verschwinden. Doch die Natur folgt ihren eigenen Regeln – und so bleiben die Eisheiligen ein interessantes Beispiel dafür, wie alte Überlieferungen und meteorologische Phänomene unser Leben beeinflussen können, selbst wenn wir sie fast vergessen haben.

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