Lichtmess, gefeiert am 2. Februar, war über viele Jahrhunderte hinweg ein bedeutender Wendepunkt im bäuerlichen Jahr. Es markierte den Übergang vom Winter zur beginnenden Frühlingszeit und wurde oft als «Bauern-Neujahr» bezeichnet.
Während für uns heute das Jahr mit dem 1. Januar beginnt, war es in der agrarischen Gesellschaft Lichtmess, das den Neubeginn des Arbeitsjahres einläutete. Doch Lichtmess ist mehr als nur ein Stichtag für Bauern und Handwerker. Seine Wurzeln reichen weit zurück – tief hinein in das alte keltische, römische und germanische Brauchtum. Es war ein Fest des Lichts, des Wandels und des Neubeginns, in dem heidnische und christliche Traditionen über Jahrhunderte ineinanderflossen.
Heidnische Ursprünge: Der Wechsel der Göttinnen und das Erwachen des Lebens
Schon lange bevor die Kirche den 2. Februar als «Darstellung des Herrn» in den liturgischen Kalender aufnahm, feierten die Menschen diesen Übergang zwischen Dunkelheit und Licht.
In den mondhellen Nächten des Februars, wenn die Sonne in das Sternbild des Wassermanns tritt, vollzieht sich nach altem Glauben ein Wandel: Die Herrschaft des Winters beginnt zu weichen. Das Eis bricht langsam auf, die ersten Lämmer werden geboren – ein Zeichen des erwachenden Lebens.
Die Kelten sahen in dieser Zeit den Abschied des Schwarzen Gottes, des Herrschers über den Winter, und seiner Gefährtin Morrigane, der Göttin des Todes und der Verwandlung. Doch dieser Abschied war keine endgültige Zerstörung – es war eine Metamorphose.
Die dunkle Göttin, die den Winter beherrschte, kehrte in verjüngter Gestalt zurück: Brigid, die Lichtbringerin, die Göttin des Feuers, der Heilkunst und der Inspiration.
Das hellsichtige Landvolk spürte ihre Rückkehr: Man erzählte sich, dass sie, oft auf einem Hirsch reitend, durch die Lande zog, die schlafenden Samen weckte und an den Bäumen rüttelte, sodass der Saft – noch unsichtbar für das Auge – zu fliessen begann. Die Lebenssäfte erwachten, und mit ihnen kehrte die Hoffnung auf den Frühling zurück.
Die Kelten feierten diesen Moment als Imbolc, das Fest der Wiederkehr des Lichts. Imbolc bedeutete «im Bauch» – eine Anspielung auf die schwangeren Schafe und das neue Leben, das kurz vor der Geburt stand. Es war die Zeit der Reinigung und Vorbereitung auf das, was kommen sollte.
Brigid wurde später mit der christlichen Heiligen Brigid von Kildare verschmolzen, doch ihre Wurzeln reichen tief in die vorchristliche Zeit. Als Göttin des Feuers spiegelte sich ihre Energie in den brennenden Kerzen der Lichtmess wider – ein Symbol, das vom Heidentum ins Christentum überging.
Lichtmess als christliches Fest: Von römischen Fackelzügen zur Kerzenweihe
Auch die Römer feierten zu Beginn des Februars ein Fest des Lichts. In ihren «Februa»-Reinigungsritualen wurden Fackelprozessionen abgehalten, um das vergangene Jahr symbolisch zu vertreiben.
Mit der Christianisierung wurde dieser heidnische Brauch in das Lichtmessfest integriert. Papst Gelasius I. führte es im 5. Jahrhundert als kirchliches Fest ein, das an die Darstellung Jesu im Tempel erinnern sollte. Gleichzeitig wurde es zu einem Fest des Lichts:
«Jesus, das Licht der Welt.»
Die Kirche übernahm das heidnische Kerzenritual und wandelte es um: Am 2. Februar wurden Kerzen gesegnet, die fortan in den Häusern aufbewahrt wurden, um Schutz vor Krankheit, Unwetter und Unheil zu bringen.
In vielen katholischen Gegenden gibt es bis heute Lichtprozessionen, in denen Menschen mit brennenden Kerzen durch die Strassen ziehen – ein Echo der alten, vorchristlichen Rituale.
Lichtmess als Bauern-Neujahr und Wetterorakel
Für die bäuerliche Gesellschaft hatte Lichtmess jedoch eine ganz eigene Bedeutung: Es war der Moment, an dem das Wirtschaftsjahr neu begann.
- Knechte und Mägde erhielten an Lichtmess ihren Lohn und entschieden, ob sie beim selben Bauern blieben oder weiterzogen.
- Pachtverträge wurden erneuert, Schulden beglichen, und das erste Vieh wurde nach der Winterruhe auf die Weide gelassen.
Auch das Wetter an Lichtmess galt als Orakel für das kommende Jahr. Viele Bauernregeln stammen aus dieser Zeit:
«Scheint zu Lichtmess die Sonne klar, gibt’s ein spätes Frühjahr, das ist wahr.»
«Lichtmess im Schnee – Ostern im Klee.»
Diese Regeln spiegeln die Erfahrung wider, dass ein milder Februar oft auf einen späten, kalten Frühling hindeutet.
Brigid, das Licht und das Leben: Der verborgene Frühling
Obwohl der Winter sich an Lichtmess oft noch einmal aufbäumt, ist sein Ende gewiss. Die ersten Zeichen des Frühlings sind da:
- Die Lämmer werden geboren, das klassische Symbol des Neubeginns.
- Die ersten Schneeglöckchen brechen durch den kalten Boden.
- Die Tage werden spürbar länger, und in den Baumkronen beginnt das erste Knospen.
Die alten Völker wussten: Noch ist das neue Leben verborgen, doch es beginnt bereits zu fliessen.
Es ist die Zeit, in der Brigid durch die Lande zieht, die erstarrte Erde berührt und mit ihrem sanften Licht das Leben zurückholt.
Lichtmess heute – Ein Fest des Wandels?
Obwohl Lichtmess in der modernen Welt kaum noch eine Rolle spielt, hat es doch einen tiefen symbolischen Wert.
Es ist der Moment, in dem das Licht zurückkehrt – nicht nur im Jahreslauf, sondern auch in uns selbst. Es erinnert uns daran, dass Wandel notwendig ist, dass das Alte vergeht und das Neue keimen darf.
Vielleicht kann Lichtmess in unserer schnelllebigen Zeit wieder eine Bedeutung erlangen – nicht als kirchliches Fest, sondern als Moment der Einkehr, der Reinigung und des Neubeginns.
Denn wenn Brigid ihre Reise beginnt, dann ist der Frühling nicht mehr fern.
Ich kenne diese Bedeutung für die Bauern – und die wissen heute mitunter auch ganz kräftig zu feiern. Näher beschäftigt habe ich mich mit Lichtmess erstmals hier, ein wunderbarer Eintrag. Schön, so viele Hinweise auf das Brauchtum zu finden.
Ich werde auf meinem Spaziergang Ausschau nach Brigid halten.
Liebe Grüße aus Österreich, C Stern
Herzlichen Dank für den schönen Kommentar! Es freut mich sehr, dass du den Beitrag als bereichernd empfunden hast. Ja, Lichtmess hat viele spannende Facetten – von alten Bauernregeln bis zu Bräuchen, die teils heute noch gelebt werden. Und wer weiss, vielleicht begegnet dir Brigid tatsächlich auf deinem Spaziergang – in einem Sonnenstrahl, im ersten spriessenden Grün oder im Knistern eines Kaminfeuers!
Also ich kann aus dem Allem lesen, das man die Feste feiern soll wenn sie fallen!! Alle glauben – alle glauben in etwa das Gleiche – und trotzdem nicht. Macht gar nichts- feiert!!